| Kommunale Unterbringungskonzepte Unterbringungskonzepte mit dezentraler Unterbringung
Kommunen, die ein Unterbringungskonzept haben, schreiben darin häufig das Ziel fest, Asylsuchende und Geduldete möglichst dezentral unterzubringen, um Segregation zu vermeiden. Der Begriff dezentral wird dabei jedoch unterschiedlich verwendet. Dezentral kann bspw. bedeuten, dass eine Unterbringung in Privatwohnungen, teilweise auch in Form von Wohngemeinschaften, angestrebt wird. Das heißt jedoch nicht unbedingt, dass allen Flüchtlingen der Auszug in eine Privatwohnung erlaubt wird. In manchen Kommunen hängt dies vom Aufenthaltsstatus, Familienstand, Gesundheitszustand o.ä. der Betroffenen ab. Andernorts wird unter dezentral die gleichmäßige Verteilung von Gemeinschaftsunterkünften (GUs) im Gebiet der Kommune verstanden. Viele Konzepte kombinieren auch beide Ansätze. Hier finden Sie drei Beispiele von Konzepten mit dezentraler Ausrichtung, die jedoch in der Praxis derzeit nicht mehr oder nur in eingeschränktem Maße funktionieren:
Beispiel: Kaarst
Das „Konzept zur Unterbringung, Versorgung, Betreuung und Integration von Flüchtlingen“ wurde am 20.05.2015 im Sozialausschuss der Stadt Kaarst beschlossen. Es war durch die Verwaltung unter Beteiligung von Akteurinnen aus der Flüchtlingsarbeit in Kaarst erstellt worden. Seit 2015 wurde es mehrmals aktualisiert und liegt aktuell in einer Fassung von Februar 2017 vor.
Im Konzept heißt es: „Das Ziel der Stadt Kaarst ist es, die Flüchtlinge möglichst dezentral mit Wohnraum zu versorgen. Soweit Gemeinschaftsunterkünfte errichtet werden müssen, soll auf eine Berücksichtigung aller Stadtteile geachtet werden.“ Auch im „Integrationskonzept für Migrantinnen und Migranten ‚Kaarst – Stadt der Vielfalt‘“, das im September 2018 veröffentlicht wurde, wird dieses Ziel bestätigt. Zudem heißt es dort: „Auch durch die Vermittlung in privaten Wohnraum konnten viele Flüchtlinge im Kaarster Stadtgebiet dezentral untergebracht werden. Dieser Weg wird weiterverfolgt, da er dazu beiträgt, die Integration der Flüchtlinge zu fördern.“
Die Unterbringung erfolgte im Februar 2017 laut Unterbringungskonzept in acht städtischen GUs, in stadteigenen Wohnungen, in durch die Stadt und privat angemieteten Wohnungen. Unterbringung und Wohnungsvermittlung wurden durch die Wohnungsnotfallhilfe geleistet, Umzugshilfe in reguläre Wohnungen leistet die Flüchtlingshilfe Kaarst ehrenamtlich.
Am 15.02.2019 wurde auf www.rp-online.de berichtet, dass mehrere GUs aufgegeben worden waren, nun aber aufgrund neuer Zuweisungen der Abbau vorerst gestoppt werde.
Das Konzept wurde mit Stand Oktober 2023 leider nicht mehr erfolgreich umgesetzt. Im Mai 2025 werden u. a. mindestens noch eine Sporthalle für die Flüchtlingsunterbringung genutzt, zudem mehrere Schulen.
Beispiel: Gelsenkirchen
Das „Handlungskonzept zur Aufnahme von Flüchtlingen in der Stadt Gelsenkirchen“ wurde am 26.11.2015 im Rat der Stadt Gelsenkirchen beschlossen.
Darin heißt es: „Bei der Unterbringung lässt sich die Stadt Gelsenkirchen von folgenden drei Grundsätzen leiten: Vorrang der dezentralen Unterbringung in Wohnhäusern und Wohnungen vor großen Sammelunterkünften; stabile Unterkünfte vor Zeltunterbringung; regionale Verteilung über das Stadtgebiet statt Konzentration auf wenige Orte. […] Ziel der Stadt ist es, nach und nach alle Personen in regulären Wohnungen unterzubringen.“
Für den Auszug in eine Privatwohnung werden allerdings Kriterien wie die „Mietfähigkeit“ und eine sog. „Integrationsbereitschaft“ zugrunde gelegt. Bezogen auf Asylsuchende und Geduldete spricht das Konzept von einer einzelfallbezogenen Zustimmung zur Anmietung einer Privatwohnung bspw. bei Vorliegen einer medizinischen Notwendigkeit. Im Jahr 2015 sei zudem das Projekt „Anmietung von Erst- und Regelwohnungen für Asylbewerber[innen] und Flüchtlinge“ in Kooperation mit der Gelsenkirchener Wohnungswirtschaft und dem Diakoniewerk Gelsenkirchen und Wattenscheid e.V. angelaufen und werde erfolgreich umgesetzt.
Das Konzept von 2015 findet auch im Jahr 2024 seine Fortsetzung, allerdings ist aufgrund “Hoher Belastungen” auch die Bereithaltung und bedarfsweise Belegung mehrerer zusätzlicher Unterkünfte vorgesehen, die u. a. aus mindestens einer Turnhalle sowie ggf. einer Traglufthalle bestehen.
Beispiel: Köln
Die „Leitlinien zur Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen in Köln“ wurden am 20.07.2004 im Rat der Stadt beschlossen. Diese wurden am „Runden Tisch für Flüchtlingsfragen“, bestehend aus Vertreterinnen aus Verwaltung, Politik, Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, Polizei und der Flüchtlingshilfe, entwickelt. Die Umsetzung wird durch den Runden Tisch weiter begleitet.
Im Kapitel „Unterbringungskonzept für Flüchtlinge“ der Leitlinien heißt es: „Die Unterbringung von Flüchtlingen soll nach Möglichkeit gleichmäßig in allen Kölner Stadtteilen erfolgen.“ Zielsetzung ist es zudem, Flüchtlinge in GUs mit abgeschlossenen Wohneinheiten und nicht mehr als 80 Personen unterzubringen.
Das Konzept sieht auch ein Stufenmodell (Unterbringungskonzepte mit Stufenmodell) vor.
Aus einer Mitteilung vom 08.02.2022 geht hevor, dass bei der Flüchtlingsunterbringung eine vollständige Aufgabe von Gemeinschaftsunterkünften zugunsten von Objekten mit abgeschlossenen Wohneinheiten bis zum Ende des Jahres 2024 vorgesehen war. Ledliglich die Vorhaltung einer Reserve von 1.500 Plätzen mit hauptsächlich nicht abgeschlossenen Wohneinheiten war weiterhin vorgesehen. Aus dem letzten Sachstandsbericht mit Stand 31.12.2024 ergibt sich jedoch, dass auch über das Jahr 2024 hinaus eine Belegung in nicht abgeschlossenen Wohneinheiten und mit gemeinschaftlich genutzten Küchen und/oder Sanitäreinrichtungen in größerer Zahl erfolgen soll. Das beschlossene Ziel von 100-prozentiger Unterbringung in abgeschlossenen Wohneinheiten kann also derzeit nicht eingehalten werden.
Seit dem 15.10.2011 gibt es das Projekt „Auszugsmanagement“ in Köln, das gemeinsam von der DRK-Köln Betreuungsg GmbH, dem Caritasverband für die Stadt Köln e.V. und dem Kölner Flüchtlingsrat e.V. durchgeführt wird. Das Auszugsmanagement unterstützt Flüchtlinge, die der Stadt Köln zugewiesen worden sind, bei der Suche nach geeignetem Wohnraum und dem Auszug aus GUs. Der Zugang zum Projekt erfolgt über die Sozialarbeiterinnen des Amtes für Wohnungswesen in den GUs der Stadt. Allerdings besteht eine lange Warteliste, da bezahlbarer Wohnraum knapp ist und auch viele Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis noch in GUs wohnen. Diese werden Asylsuchenden und Geduldeten bei der Vermittlung einer Privatwohnung grundsätzlich vorgezogen.