| EU-Flüchtlingspolitik BVerwG: Zuständigkeitsübergang bei anerkannten Flüchtlingen
Das Bundesverwaltungsgericht hat im März 2025 entschieden (BVerwG 1 C 6.24), dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch einen anderen EU-Mitgliedstaat nicht automatisch für Deutschland bindend ist. Deutschland muss eine solche Anerkennung nicht übernehmen, muss sie aber umfassend berücksichtigen, wenn eine Rückkehr in den anderen Staat unzumutbar ist. Damit bleibt die Anerkennung in einem anderen Mitgliedstaat grundsätzlich eigenständig und entfaltet keine unmittelbare Bindungswirkung für ein deutsches Asylverfahren.
Offen gelassen hat das Gericht damals jedoch, ob ein Zuständigkeitsübergang auf Deutschland eintreten kann, wenn deutsche Behörden selbst tätig werden. Genau um diese Frage ging es in einem weiteren Verfahren, das mit Beschluss vom 2. September 2025 (BVerwG 1 C 20.24) eingestellt wurde. In diesem Verfahren stand im Raum, dass ein in Bulgarien anerkannter Flüchtling von einer deutschen Ausländerbehörde einen Reiseausweis für Flüchtlinge erhalten hatte. Die Kläger vertraten die Auffassung, dass Deutschland damit stillschweigend die Verantwortung für den Flüchtling übernommen habe. Diese sogenannte konkludente Verwaltungsentscheidung könnte nach dem Europäisches Übereinkommen über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge sowie § 73c Asylgesetz dazu führen, dass Deutschland für diesen Flüchtling zuständig wird.
Der aktuelle Beschluss hat die inhaltliche Frage nicht entschieden, weil die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Das Gericht stellte aber ausdrücklich fest, dass die entscheidende Rechtsfrage noch ungeklärt ist: Kann eine im Ausland erfolgte Flüchtlingsanerkennung für den Familiennachzug nach § 26 AsylG dann ausreichen, wenn die Verantwortung für den anerkannten Flüchtling zwischenzeitlich auf Deutschland übergegangen ist?
Sollte ein solcher Zuständigkeitsübergang tatsächlich eingetreten sein, könnte dies bedeuten, dass Familienangehörige des anerkannten Flüchtlings abgeleiteten Schutz in Deutschland beanspruchen können. Die endgültige Klärung dieser Frage durch das Bundesverwaltungsgericht steht allerdings noch aus.