| Aktuell, Rassismus und Diskriminierung 30. aktualisierte Auflage der Einzelfall-Dokumentation "Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen" (1993 bis 2022)

Die ANTIRASSISTISCHE INITIATIVE E.V. erstellte im Oktober 2023 durch ihre DOKUMENTATIONSSTELLE folgenden Bericht:

30 Jahre Recherche und Dokumentation des staatlichen & gesellschaftlichen Rassismus

Es sind nun 30 Jahre vergangen, seitdem der Bundestag im Mai 1993 mit der Einführung der Regelung sogenannter sicherer Drittstaaten das Grundrecht auf Asyl für Schutzsuchende de facto abschaffte. Zeitgleich wurde das Asylbewerberleistungsgesetz beschlossen, ein Sondergesetz, das für Geflüchtete einen zweiten Standard unter dem Mindeststandard zur Regel machte: ein Leben in Sammelunterkünften, unter staatlicher Kontrolle und Abhängigkeit, Armut, Arbeitsverbot, eingeschränkte medizinische Versorgung, um nur einige der Konsequenzen zu nennen. Kurz gesagt, es entstand ein gesetzliches, behördliches und gesellschaftliches Räderwerk, das bis heute unverändert menschenunwürdige Bedingungen für Schutzsuchende erzeugt, wodurch Menschen täglich körperliche Schäden davontragen, traumatisiert werden und zugrunde gehen.

Seit 30 Jahren dokumentieren wir nun die katastrophalen Folgen dieser Asyl- und Aufenthaltspolitik, die seit dem sogenannten Asylkompromiss, von CDU/CSU, FDP und SPD als System der "Flüchtlingsabwehr" beschlossen wurde. In der mittlerweile vierbändigen Dokumentation ist erkennbar, dass die Brutalität dieses Systems von Jahr zu Jahr immer mehr Menschen trifft – auf ihrer Suche nach einem sicheren Leben.

Dokumentiert sind unter anderem Suizide und Suizidversuche aus Angst vor Abschiebung, Todesfälle und Verletzungen von Geflüchteten vor, während und nach Abschiebungen, sowie an den deutschen Grenzen – aber auch infolge rassistischer Angriffe vonseiten der Bevölkerung und im öffentlichen Raum (über 18.500 Geschehnisse).

Beispiele von Todesfällen geflüchteter Menschen aus dem Jahre 2022 haben wir in einer Extradatei zusammengestellt: https://tinyurl.com/Beispiele-Todesfaelle-2022

In den Jahren 2016 bis 2022 kamen 243 Menschen durch Suizid ums Leben: das heißt, dass im Schnitt drei Menschen pro Monat starben. Suizidversuche und Selbstverletzungen wurden insgesamt 3.691 dokumentiert, das sind 44 Geschehnisse pro Monat. Im selben Zeitraum starben 15 Personen durch direkte Polizeigewalt und 14 durch unterlassene Hilfeleistung. Auszugehen ist von wesentlich höheren Dunkelziffern.

Die Dokumentation umfaßt den Zeitraum vom 1.1.1993 bis 31.12.2022:

443 Geflüchtete töteten sich angesichts ihrer drohenden Abschiebung oder starben bei dem Versuch, vor der Abschiebung zu fliehen, davon 88 Menschen in Abschiebehaft.
5.520 Geflüchtete verletzten sich aus Angst vor der Abschiebung oder aus Protest gegen die drohende Abschiebung (Risiko-Hunger- und Durststreiks) oder versuchten, sich umzubringen, davon befanden sich 992 Menschen in Abschiebehaft.
Geflüchtete starben während der Abschiebung.
634 Geflüchtete wurden durch Zwangsmaßnahmen oder Mißhandlungen während der Abschiebung verletzt.
41 Geflüchtete kamen nach der Abschiebung in ihrem Herkunftsland zu Tode.
642 Geflüchtete wurden im Herkunftsland von Polizei oder Militär mißhandelt und gefoltert, kamen aufgrund ihrer bestehenden schweren Erkrankungen in Lebensgefahr oder erkrankten schwer.
81 Geflüchtete verschwanden nach der Abschiebung spurlos.
246 Geflüchtete starben auf dem Wege in die Bundesrepublik Deutschland oder an den Grenzen, davon allein 134 an den deutschen Ost-Grenzen, 3 Personen trieben in der Neiße ab und sind seither vermißt.
935 Geflüchtete erlitten beim Grenzübertritt Verletzungen, davon 353 an den deutschen Ost-Grenzen.
35 Geflüchtete starben durch direkte Gewalteinwirkung von Polizei oder Bewachungspersonal entweder in Haft, in Gewahrsam, bei Festnahmen, bei Abschiebungen, auf der Straße, in Behörden oder in Heimen, mindestens 1.391 wurden verletzt.
34 Todesfälle gab es durch unterlassene Hilfeleistung.
88 Geflüchtete starben bei Bränden, Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte und Wohnungen oder durch sonstige Gefahren und 1.818 Flüchtlinge wurden dabei z.T. erheblich verletzt.
29 Geflüchtete starben durch rassistische oder politische Angriffe im öffentlichen Raum und mindestens 4300 Flüchtlinge wurden körperlich angegriffen.

Durch staatliche Maßnahmen der BRD kamen seit 1993 mindestens 803 Geflüchtete ums Leben –
durch rassistische Angriffe und die Unterbringung in Lagern (u.a. Anschläge, Brände) starben 117 Menschen.     

GESAMTTEXT: https://tinyurl.com/ARI-DOK-30

ANTIRASSISTISCHE INITIATIVE E.V. DOKUMENTATIONSSTELLE

Haus Bethanien – Südflügel Mariannenplatz 2 A 10997 Berlin 

ari-berlin-dokgmx.de

www.ari-dok.org

 

 

 

 

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Ehrenamtspreis des Flüchtlingsrates NRW

Mit dem Ehrenamtspreis möchte der Flüchtlingsrat NRW das ehrenamtliche Engagement von in der Flüchtlingshilfe aktiven Initiativen und Einzelpersonen in NRW ehren und diese in ihrer Arbeit stärken.

Weitere Informationen zum Ehrenamtspreis finden Sie hier.

Nein zur Bezahlkarte: Ratsbeschlüsse aus nordrhein-westfälischen Kommunen

In dieser regelmäßig aktualisierten Übersicht dokumentiert der Flüchtlingsrat NRW, welche Kommunen sich bisher gegen die Einführung einer Bezahlkarte für Schutzsuchende entschieden haben.

Die Übersicht finden Sie hier.

Keine Propaganda auf Kosten von Flüchtlingen! Argumentationshilfen gegen Vorurteile

Der Flüchtlingsrat NRW e.V. stellt einen Flyer sowie eine ausführliche Argumentationshilfe zur Entkräftung von Vorurteilen (Stand: November 2023) bereit.

Den Flyer und die Argumentationshilfe finden Sie hier.

Broschüre zum Engagement für Flüchtlinge in Landesunterkünften

Der Flüchtlingsrat NRW hat die Broschüre „Ehrenamtlich engagiert – für Schutzsuchende in und um Aufnahmeeinrichtungen des Landes NRW“ aktualisiert (Stand Dezember 2021).

Die Broschüre können Sie hier herunterladen.

Kooperations- und Fördermöglichkeiten für flüchtlingspolitische Veranstaltungen und Projekte

Broschüre des FR NRW, Stand März 2024, zu verschiedenen Institutionen, die fortlaufend für eine finanzielle Unterstützung von Projekten und Veranstaltungen zu flüchtlingspolitischen Themen angefragt werden können.

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Forum Landesunterbringung

Neues Webforum "Flüchtlinge in Landesaufnahmeeinrichtungen in NRW (WFL.NRW)" jetzt online!
Das Webforum möchte einen Einblick in die Situation von Flüchtlingen in Landesaufnahmeeinrichtungen ermöglichen.

Das Webforum finden Sie hier.

 

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