| weitere vulnerable Gruppen Positionspapier des dt. Instituts für Menschenrechte: Bedarfe von geflüchteten Menschen mit Behinderungen berücksichtigen

Pressemitteilung I 16.06.2022

Geflüchtete Menschen mit Behinderungen / Regelungen zur Identifikation, Unterbringung und Versorgung gesetzlich verankern
 
Berlin. Das Deutsche Institut für Menschenrechte fordert Bund und Länder auf, klare Regelungen für die Identifizierung von geflüchteten Menschen mit Behinderungen und ihrer Bedarfe im Kontext des Aufnahmeverfahrens gesetzlich zu verankern.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine zwingt viele Menschen zur Flucht, unter ihnen auch Menschen mit Behinderungen. Die meisten geflüchteten Menschen aus der Ukraine haben zwar eine bessere rechtliche Ausgangssituation als Menschen aus anderen Ländern, die in Deutschland Schutz suchen. Aber auch hier bestehen gravierende Mängel bei der Identifizierung, der Unterbringung und der gesundheitlichen Versorgung von Menschen mit Behinderungen.

„Die strukturellen Probleme bei der Aufnahme von geflüchteten Menschen mit Behinderungen in Deutschland werden jetzt erneut auf sehr deutliche Weise sichtbar", erklärt Britta Schlegel, Leiterin der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte.

„In Deutschland fehlt es nach wie vor an einer flä­chendeckenden Umsetzung der menschen- und europarechtlichen Vorgaben zur Identifizierung und bedarfsgerechten Unterbringung von besonders schutzbedürftigen geflüch­teten Menschen, zu denen Menschen mit Behinderungen gehören", so Schlegel. „Vor allem nicht sichtbare Formen von Beeinträchtigungen, wie etwa intellektuelle Beeinträchtigungen und chronische Erkrankungen, werden regelmäßig übersehen und die entsprechenden Bedarfe daher nicht erkannt und berücksichtigt."

Die neue Bundeskontaktstelle für Menschen mit Behinderungen und/oder Pflegebedarf, die die Länder bei der bedarfsgerechten Unterbringung unterstützten soll, sei begrüßenswert, könne jedoch die ausstehenden rechtsverbindlichen Identifikations- und Aufnahmeverfahren nicht ersetzen, sagt Schlegel.

Schlegel weiter: „Geflüchtete Menschen aus der Ukraine haben zwar grundsätzlich einen Anspruch auf eine umfassendere Gesundheitsversorgung als andere geflüchtete Menschen. Zudem erhalten sie seit dem 1. Juni 2022 Sozialleistungen wie anerkannte Flüchtlinge. Allerdings bekommen sie behinderungsbedingt notwendige Leistungen wie orthopädische Hilfsmittel, Reha-Leistungen oder Psychotherapie nur nach behördlichem Ermessen und aufwendiger Beantragung. Erfahrungsgemäß werden sie von den kommunalen Sozialbehörden erst spät oder gar nicht bewilligt. Das führt dazu, dass sich Beeinträchtigungen verschlimmern und zum Teil irreversible Folgeschäden entstehen. Daher ist hier dringend ein verbindlicher Rechtsanspruch zu formulieren".

Die Versorgungssituation von geflüchteten Menschen mit Behinderungen aus anderen Ländern bleibe unverändert problematisch, kritisiert Schlegel. Der Zugang zu notwendigen Leistungen der Eingliederungshilfe über das Asylbewerberleistungsgesetz gestalte sich als noch schwieriger und sei in der Praxis gar vielfach versperrt.

„Menschenrechtlich ist es dringend geboten, die Bedarfe aller geflüchteten Menschen, und zwar unabhängig von ihrem Herkunftsland, festzustellen und sie angemessen zu versorgen", so Schlegel.

Deutschland ist durch die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet, die Rechte von geflüchteten Menschen mit Behinderungen zu verwirklichen. Diese menschenrechtlichen Vorgaben werden durch europarechtliche Richtlinien sowie nationales Recht ergänzt.

WEITERE INFORMATIONEN
NEU! Deutsches Institut für Menschenrechte (2022). Bedarfe von geflüchteten Menschen mit Behinderungen berücksichtigen. Mängel im Aufnahmeverfahren müssen behoben werden. (Position)

 

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Ehrenamtspreis des Flüchtlingsrates NRW

Mit dem Ehrenamtspreis möchte der Flüchtlingsrat NRW das ehrenamtliche Engagement von in der Flüchtlingshilfe aktiven Initiativen und Einzelpersonen in NRW ehren und diese in ihrer Arbeit stärken.

Weitere Informationen zum Ehrenamtspreis finden Sie hier.

Nein zur Bezahlkarte: Ratsbeschlüsse aus nordrhein-westfälischen Kommunen

In dieser regelmäßig aktualisierten Übersicht dokumentiert der Flüchtlingsrat NRW, welche Kommunen sich bisher gegen die Einführung einer Bezahlkarte für Schutzsuchende entschieden haben.

Die Übersicht finden Sie hier.

Keine Propaganda auf Kosten von Flüchtlingen! Argumentationshilfen gegen Vorurteile

Der Flüchtlingsrat NRW e.V. stellt einen Flyer sowie eine ausführliche Argumentationshilfe zur Entkräftung von Vorurteilen (Stand: November 2023) bereit.

Den Flyer und die Argumentationshilfe finden Sie hier.

Broschüre zum Engagement für Flüchtlinge in Landesunterkünften

Der Flüchtlingsrat NRW hat die Broschüre „Ehrenamtlich engagiert – für Schutzsuchende in und um Aufnahmeeinrichtungen des Landes NRW“ aktualisiert (Stand Dezember 2021).

Die Broschüre können Sie hier herunterladen.

Kooperations- und Fördermöglichkeiten für flüchtlingspolitische Veranstaltungen und Projekte

Broschüre des FR NRW, Stand November 2023, zu verschiedenen Institutionen, die fortlaufend für eine finanzielle Unterstützung von Projekten und Veranstaltungen zu flüchtlingspolitischen Themen angefragt werden können.

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Forum Landesunterbringung

Neues Webforum "Flüchtlinge in Landesaufnahmeeinrichtungen in NRW (WFL.NRW)" jetzt online!
Das Webforum möchte einen Einblick in die Situation von Flüchtlingen in Landesaufnahmeeinrichtungen ermöglichen.

Das Webforum finden Sie hier.

 

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