| Aktuell, Asylbewerberleistungen und Sozialleistungen APPELL: Die Menschenwürde gilt für alle – auch für Geflüchtete! Gegen sozialrechtliche Verschärfungen und für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes

Gemeinsames Statement von 154 Organisationen zu denen auch Flüchtlingsrat NRW zählt:

APPELL: Die Menschenwürde gilt für alle – auch für Geflüchtete! Gegen sozialechtliche Verschärfungen und für die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes

Seit einigen Wochen werden beharrlich Sachleistungen und Leistungskürzungen für Geflüch- tete gefordert. Dabei erhalten die Betroffenen schon jetzt vielfach lediglich die reduzierten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. In der Debatte werden Gruppen gegen- einander ausgespielt, und die Menschenwürde wird offen in Frage gestellt. Wir lehnen sozialrechtliche Verschärfungen ab und fordern: Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft und die Betroffenen müssen in das reguläre Sozialleistungssystem einbezogen werden.

Mit Bestürzung verfolgen wir die aktuelle politische Debatte über Asylsuchende, die zuneh- mend von sachfremden und menschenfeindlichen Forderungen dominiert wird. Die Diskussi- onen über Sozialleistungen sind dafür ein gutes Beispiel. Solange Geflüchtete bedürftig sind, haben sie Anspruch auf das sozialrechtlich definierte Existenzminimum. Nun geht es offen- kundig darum, diesen grundlegenden Anspruch Asylsuchender einzuschränken, mit der Be- gründung, so könne die Zahl der Geflüchteten in Deutschland reduziert werden. Die im Raum stehenden Forderungen reichen von einer generellen Umstellung von Geld- auf Sachleistun- gen über diskriminierende Bezahlkarten und eine Kürzung des Existenzminimums bis hin zur Forderung, dass kranken Menschen eine medizinische Grundversorgung vorenthalten werden soll.

Diese Debatte suggeriert, Geflüchtete seien die zentrale Ursache für die zweifellos vorhande- nen gesellschaftlichen Missstände wie fehlender Wohnraum oder fehlende Schul- und Kita- plätze. Diese haben jedoch andere Ursachen und würden auch bestehen, wenn Deutschland keine Asylsuchenden aufnehmen würde. Geflüchtete werden so zu Sündenböcken für die verfehlte Sozialpolitik der letzten Jahre, ohne dass dadurch die tatsächlich bestehenden Probleme gelöst werden. Wer aber Scheinlösungen präsentiert, verspielt Vertrauen in die politische Handlungsfähigkeit.

Bereits 2012 hat das Verfassungsgericht in einer wegweisenden Entscheidung das Recht jedes Menschen auf ein menschenwürdiges Existenzminimum festgehalten und dafür gesorgt, dass die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zumindest vorübergehend annähernd dem Hartz-IV-Niveau (heute „Bürgergeld“) entsprachen. Zugleich erteilte das höchste deut- sche Gericht dem Ansinnen, Sozialleistungen zur Abschreckung Asylsuchender einzusetzen, eine deutliche Absage: „Die in Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“ (Beschluss vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10) Mit ande- ren Worten: Sozialleistungen dürfen nicht gekürzt werden, um Menschen von der Flucht nach Deutschland abzuschrecken. Rund zehn Jahre später, im Jahr 2022, verurteilte das Bundesver- fassungsgericht eine zehnprozentige Kürzung der Grundleistungen für alleinstehende Geflüch- tete, die in „Gemeinschaftsunterkünften“ leben müssen, als verfassungswidrig.

Im Übrigen ist die Behauptung, bessere soziale Bedingungen würden zu mehr Schutzsuchen- den führen, seit langer Zeit wissenschaftlich widerlegt. Bereits heute erhalten Geflüchtete vor allem in den Erstaufnahmeeinrichtungen drastisch reduzierte Geldbeträge, neben einem Platz

im Mehrbettzimmer, Kantinenessen und Hygienepaketen und einer oft unheilvoll verzögerten Gesundheitsversorgung. Kein Mensch, der aus einem Krieg oder vor politischer Verfolgung flieht, gibt die Flucht auf, weil er oder sie in Deutschland demnächst mit noch mehr Sachleis- tungen leben muss. Wenn in diesem Jahr 2023 das Bundesamt in über 70 Prozent aller Asylan- träge, die bis September inhaltlich entschieden wurden, einen Schutzstatus feststellt, wird nur allzu deutlich, dass die Menschen nicht wegen der Sozialleistungen kommen, sondern hier Schutz suchen. Die Behauptung, von den geringen Asylbewerberleistungen würden relevante Geldbeträge in Herkunftsländer überwiesen oder im Nachhinein an Schlepper ausgehändigt, ist zynisch und realitätsfern.

Die Menschenwürde und das Sozialstaatsprinzip garantieren ein menschenwürdiges Exis- tenzminimum - für alle Menschen. Wir sagen: Wer unterschiedliche Gruppen gegeneinander ausspielt und die Menschenwürde, Artikel 1 unserer Verfassung, offen in Frage stellt, wendet sich gegen zentrale Errungenschaften unserer Demokratie und des Sozialstaates. Und wer das durch das Bundesverfassungsgericht bestätigte Grundrecht auf ein menschenwürdiges Exis- tenzminimum missachtet, unterminiert den Rechtsstaat. Wir erneuern deshalb den Appell, zu dem sich im laufenden Jahr bereits mehr als 200 Organisationen zusammenfanden: Es kann nicht zweierlei Maß für die Menschenwürde geben. Wir fordern das gleiche Recht auf Sozial- leistungen für alle in Deutschland lebenden Menschen, ohne diskriminierende Unterschiede. Das Asylbewerberleistungsgesetz muss abgeschafft werden. Die Betroffenen müssen in das reguläre Sozialleistungssystem einbezogen werden.

Unterzeichnende Organisationen, 31. Oktober 2023

Bundesebene

Amnesty International Deutschland e.V. Antidiskriminierungsverband Deutschland e.V.

Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht im Deutschen Anwaltverein

Armut und Gesundheit in Deutschland e.V. Ärzte der Welt e. V.
AWO Bundesverband
Be an Angel e.V.

bff: Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frau- ennotrufe - Frauen gegen Gewalt e.V.

Bundesarbeitsgemeinschaft Anonymer Behandlungs- schein und Clearingstellen für Menschen ohne Kranken- versicherung (BACK)

Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flücht- linge - BumF e.V.

Bundesverband Netzwerke von Mig- rant*innenorganisationen e.V. (NeMO)

Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer – BAfF e.V.

Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschen- handel - KOK e.V.

Der Kinderschutzbund Bundesverband e.V. Der Paritätische Gesamtverband
Deutsche Aidshilfe
Deutscher Caritasverband e.V.

Diakonie Deutschland

Eritreische Demokratische Union in Deutschland e.V.

Flüchtlingshilfe Iran e.V.

FORUM MENSCHENRECHTE

Handicap International e.V.

International Rescue Committee (IRC) Deutschland

IPPNW - Ärzt*innen in sozialer Verantwortung e.V.

Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland

Jugendliche ohne Grenzen

JUMEN e.V. - Juristische Menschenrechtsarbeit in Deutschland

Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.

Lesben- und Schwulenverband LSVD

medico international e.V.

MIA- Mütterinitiative für Alleinerziehende e.V.iG

Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V.

Oxfam Deutschland e.V.

PRO ASYL Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flücht- linge e.V.

Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. Save the Children Deutschland e.V.
SOLWODI Deutschland e.V.
TERRE DES FEMMES – Menschenrechte für die Frau e.V. terre des hommes Deutschland

unofficial.pictures e.V.

Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V. (VDJ)

With Wings and Roots e.V.

Landesebene

Abschiebehaftberatung Nord Antira-Vernetzung NRW
Arbeiterwohlfahrt Landesverband Berlin e.V. AWO Bezirksverband Niederrhein e.V. Bayerischer Flüchtlingsrat

Berlin hilft

Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen (BNS)

Berliner Stadtmission Condrobs e. V.

Dachverband der autonomen Frauenberatungsstellen NRW e.V.

Der Paritätische NRW

Fachvorstand Erziehung, Bildung und Soziale Arbeit ver.di Hamburg

Flüchtlingshilfe Velbert und Projekt Deutsch Lernen e. V. Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e.V.
Flüchtlingsrat Berlin e.V.
Flüchtlingsrat Brandenburg

Flüchtlingsrat Bremen

Flüchtlingsrat Hamburg e.V.

Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern e.V.

Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.

Flüchtlingsrat NRW e.V.

Flüchtlingsrat RLP e.V.

Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.

Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.

Flüchtlingsrat Thüringen e.V.

Hessischer Flüchtlingsrat

Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland- Pfalz

Institut für Berufsbildung und Sozialmanagement gGmbH

kargah e.V. - Verein für interkulturelle Kommunikation, Flüchtlings- und Migrationsarbeit

lifeline e.V.

Medibüro Berlin | Netzwerk für das Recht auf Gesund- heitsversorgung aller Migrant*innen

Migrationsrat Berlin e.V. moveGLOBAL e.V.

Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersach- sen e.V. (NTFN)

Ökumenische Flüchtlingshilfe Oberstadt, ÖFO e.V. (Mainz)

Psychosoziale Zentren für Migrant*innen in Sachsen- Anhalt, Halle und Magdeburg

Refugio Stiftung Schleswig-Holstein

Saarländischer Flüchtlingsrat e.V.

Sächsischer Anonymer Behandlungsschein e.V.

Sächsischer Flüchtlingsrat e.V.

SOFRA - Queer Migrants e.V

Sprungbrett Zukunft Berlin e.V.

Verband für interkulturelle Arbeit (VIA) Regionalverband Berlin/Brandenburg e.V.

Zentrum ÜBERLEBEN

Kommunale Ebene

AK Asyl Witzenhausen

Aktion Bleiberecht Freiburg

Aktion Grenzenlos e.V.

Anonymer Krankenschein Bonn e.V.

Arbeitsgemeinschaft Für Die Eine Welt e.V.

Arbeitskreis Asyl Cuxhaven e.V.

Arbeitskreis Asyl Friedrichsdorf eV

ARBEITSKREIS ASYL TRIBSEES der evangelischen Kir- chengemeinde

Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Hamburg AWO im Rhein-Kreis Neuss e.V.

AWO Regionalverband Mittewest-Thüringen e.V, Fachdienst für Migration und Integration

BISS Beratungs- und Interventionsstelle bei häuslicher GewaltStadt Osnabrück

Brot & Rosen. Diakonische Basisgemeinschaft

CABL - Clearingstelle und Anonymer Behandlungsschein Leipzig e.V.

Cölber Arbeitskreis Flüchtlinge (CAF) e. V. Helferkreis Asyl Worms e.V.
Diakonisches Werk Region Kassel
FIM – Frauenrecht ist Menschenrecht e.V. Firefly Wamu e.V.

Flüchtlingshilfe Hamm e.V.

Flüchtlingshilfe Langenfeld e.V.

Frauen helfen Frauen e.V. Münster

Frauen helfen Frauen Kreis Offenbach e.V.

Frauen helfen Frauen Wolfratshausen e.V.

Frauenberatungsstelle Stadt und Landkreis Osnabrück

Frauennotruf Osnabrück

Frauennotruf und Beratung Rhein-Hunsrück-Kreis Fachstelle zum Thema sexualisierte Gewalt e.V.

Fremde brauchen Freunde e.V., Nordfriesland

Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsu- chender e.V. (GGUA)

Gesundheitsmobil Lübeck

IBIS - Interkulturelle Arbeitsstelle e.V.

Initiative Schlüsselmensch e.V.

In-RAGE Ingelheimer Bündnis gegen Rassismus und Gewalt e.V.

Interventionistische Linke Karlsruhe

IPPNW - Ärzt*innen in sozialer Verantwortung e.V.

iz3w Freiburg

Kampagne für die Abschaffung des Asylbewerberleis- tungsgesetzes

Kölner Flüchtlingsrat e.V.

Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migrant_innen e.V. (KuB)

LEA-watch Freiburg

LIGA - Leininger Initiative gegen Ausländerfeindlichkeit

Medibüro Hamburg

Medibüro Kiel e.V.

MediNetz Bielefeld im AK Asyl e.V.

Medinetz Halle Saale e.V.

MediNetz Jena e.V.

MediNetz Kassel

Medinetz Mainz e.V.

MediNetzBonn e.V.

Medizinische Flüchtlingshilfe Bochum e.V.

Multikulturelles Zentrum Trier

Netzwerk Soli-Asyl Würzburg

Ökumenische Flüchtlingshilfe Rhein/Ahr

PAHN Politischer Arbeitskreis

r42-SailAndRescue

Refudocs Freiburg e.V.

Refugee Law Clinic Dresden

Refugee Law Clinic Leipzig

Refugio Stuttgart e.V.

REFUGIUM Flüchtlingshilfe e.V.

RückHalt e.V. - Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt / Aachen

Runder Tisch gegen Rassismus und Faschismus Kiel Seebrücke Freiburg
Seebrücke Heidelberg
Seebrücke Witzenhausen

United Refugees Rights Movement Karlsruhe e.V. Verein für Kinder-und Jugendarbeit Hess. Oldendorf e.V. Wildwasser Nürnberg e.V.
Würzburg Solidarisch e.V.

 

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Ehrenamtspreis des Flüchtlingsrates NRW

Mit dem Ehrenamtspreis möchte der Flüchtlingsrat NRW das ehrenamtliche Engagement von in der Flüchtlingshilfe aktiven Initiativen und Einzelpersonen in NRW ehren und diese in ihrer Arbeit stärken.

Weitere Informationen zum Ehrenamtspreis finden Sie hier.

Nein zur Bezahlkarte: Ratsbeschlüsse aus nordrhein-westfälischen Kommunen

In dieser regelmäßig aktualisierten Übersicht dokumentiert der Flüchtlingsrat NRW, welche Kommunen sich bisher gegen die Einführung einer Bezahlkarte für Schutzsuchende entschieden haben.

Die Übersicht finden Sie hier.

Keine Propaganda auf Kosten von Flüchtlingen! Argumentationshilfen gegen Vorurteile

Der Flüchtlingsrat NRW e.V. stellt eine ausführliche Argumentationshilfe zur Entkräftung von Vorurteilen (Stand: November 2023) bereit. Diese finden Sie hier.

Broschüre zum Engagement für Flüchtlinge in Landesunterkünften

Der Flüchtlingsrat NRW hat die Broschüre „Ehrenamtlich engagiert – für Schutzsuchende in und um Aufnahmeeinrichtungen des Landes NRW“ aktualisiert (Stand Dezember 2021).

Die Broschüre können Sie hier herunterladen.

Kooperations- und Fördermöglichkeiten für flüchtlingspolitische Veranstaltungen und Projekte

Broschüre des FR NRW, Stand September 2024, zu verschiedenen Institutionen, die fortlaufend für eine finanzielle Unterstützung von Projekten und Veranstaltungen zu flüchtlingspolitischen Themen angefragt werden können.

Mehr dazu

Forum Landesunterbringung

Neues Webforum "Flüchtlinge in Landesaufnahmeeinrichtungen in NRW (WFL.NRW)" jetzt online!
Das Webforum möchte einen Einblick in die Situation von Flüchtlingen in Landesaufnahmeeinrichtungen ermöglichen.

Das Webforum finden Sie hier.

 

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