| Rassismus und Diskriminierung Studie: Rassistische Realitäten. Wie setzt sich Deutschland mit Rassismus auseinander?
Anbei finden Sie eine Auftaktstudie zum Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (NaDiRa) des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM).
Die Ergebnisse dieser Auftaktstudie ''Rassistische Realitäten. Wie setzt sich Deutschland mit Rassismus auseinander?'' legen dar, dass Rassismus ein zentrales gesellschaftliches Thema ist, das zahlreiche Menschen in Deutschland bewegt und mit dem sie sich in vielfältiger Weise auseinandersetzen. Rassistische Realitäten strukturieren den Alltag vieler Menschen in Deutschland – so nimmt das eine große Mehrheit der Bevölkerung wahr.
Die Daten und Analysen zeigen:
1. Rassismus ist eine verbreitete Erfahrung in Deutschland. Viele Menschen werden auf verschiedene Weise mit ihm konfrontiert. Dabei betrifft er vor allem Angehörige potenziell von Rassismus betroffener Gruppen direkt, darüber hinaus aber einen Großteil der Bevölkerung indirekt. So geben nur 35 % der Befragten an, sie hätten in ihrem Leben noch keinerlei Berührung mit Rassismus gehabt. Sowohl die direkte als auch die indirekte Betroffenheit führen zu einer nachhaltigen affektiven Betroffenheit.
2. Rassistische Wissensbestände und Vorstellungen sind in der Gesellschaft zum Teil tief verankert. Sie spiegeln sich in biologistischen Kategorisierungen, kulturellen Hierarchisierungen und in der Legitimierung von sozialen Ungleichheiten wider, die sich in den Angaben jeder zweiten bis dritten befragten Person finden.
3. Dass Rassismus Realität ist, erkennt beinahe die gesamte Bevölkerung an (90 %). Fast jede zweite Person sieht Rassismus dabei nicht nur durch individuelles Verhalten bedingt, sondern als ein Phänomen, das den Alltag und die Institutionen der Gesellschaft prägt. Die Wahrnehmung von Rassismus geht demnach über die Herabwürdigung oder Gewaltangriffe gegenüber Minderheiten hinaus: Seine strukturelle und institutionelle Dimension scheint einem Großteil der Bevölkerung zumindest intuitiv bewusst zu sein.
4. Bei der Bewertung von Rassismus wird deutlich, dass Benachteiligungen, die strukturelle Ungleichheiten fördern, besonders häufig als rassistisch eingestuft werden. Mehr als 80 % der Bevölkerung benennen für die Lebensbereiche Schule, Arbeit und Wohnen rassistische Ausschlussmechanismen. Das Problembewusstsein ist bislang noch nicht für alle Formen von Rassismus gleichermaßen ausgeprägt. Antisemitismus und Anti-Schwarzer Rassismus werden eher als solche erkannt als antiasiatischer, antimuslimischer und antislawischer Rassismus oder Rassismus gegen Sinti*zze und Rom*nja.
5. Die Reaktionen gegenüber Rassismus sind unterschiedlich. Die Daten zeigen, dass bei einem nicht unbeträchtlichen Teil der Bevölkerung die Abwehr von Rassismuskritik zu beobachten ist. Dabei werden Betroffene von Rassismus etwa als überempfindlich (33%) und zu ängstlich (52%) dargestellt. Fast jede zweite Person deutet Kritik an Rassismus als Einschränkung der Meinungsfreiheit oder in anderer Hinsicht als unangemessen und überzogen. Diese Abwehr kommt vor allem aus der soziodemografischen Mitte der Gesellschaft.
6. Indessen gibt es auch gänzlich gegenteilige Reaktionen. Knapp 70 % der Menschen in Deutschland sind bereit, Rassismus entgegenzutreten und sich zu engagieren. Antirassistische Potenziale sind vielschichtig und erstrecken sich dabei von politischem (Demonstrationen) über symbolisches (Unterschriftenaktionen) bis hin zu habituellem (Widerspruch, Sprachkritik) und finanziellem Engagement (Geldspenden). Zugleich zeigt sich, dass sich antirassistisches Engagement erhöht, wenn Menschen Rassismus indirekt und kollateral beobachten oder ihnen von Rassismuserfahrungen berichtet wurde. Das Engagementpotenzial ist vor allem in den jüngeren Altersgruppen sehr stark ausgeprägt.
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