| Familienzusammenführung EGMR zu Familiennachzug bei subsidiär Geschützten
Über die Rechtmäßigkeit der Wartezeit beim Familiennachzug urteilte die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) am 9. Juli 2021 (M.A. v. Denmark, Az. 6697/18):
Staaten dürfen den Familiennachzug für zwei Jahre ausschließen, müssen danach aber den Einzelfall prüfen.
Der Gerichtshof bekräftigte, dass ein Staat berechtigt sei, die Einreise von Ausländern sowie ihren Aufenthalt zu kontrollieren. Er kam zu dem Schluss, dass die Staaten in diesem Bereich über einen weiten Ermessensspielraum verfügen. Legitim sei auch, dass man in Fällen eines "Massenzustroms" strengere Regeln anwende und angesichts begrenzter Ressourcen den Familiennachzug zurückstelle.
Die Große Kammer gibt eine klare Leitlinie vor. Bis zu zwei Jahre lang dürfen die Staaten den Familiennachzug generell aussetzen, danach muss der Einzelfall geprüft werden. Dies bedeutet, dass die Argumente für und wider eines Nachzugs abzuwägen sind. Es geht etwa um die Länge der Beziehung, die Möglichkeit einer Rückkehr ins Heimatland, die Integration in den Zielstaat, die Interessen betroffener Kinder, mögliche Straftaten oder auch die Frage, ob jemand von Sozialhilfe lebt.
Diese Gesichtspunkte müssen von den Staaten abgewogen werden. Dabei kann der Nachzug durchaus auch länger als zwei Jahre verweigert werden. Zu laufen beginnt der Zweijahreszeitraum erst mit dem positiven Asylbescheid. Wartezeiten während des Asylverfahrens können also bewirken, dass die Trennung tatsächlich noch länger ausfällt.
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