| Flüchtlingsabwehr an den EU-Außengrenzen EU-Grenzpolizei Frontex: Keine Untersuchung zu Verstößen gegen Menschenrechte
Anbei finden Sie einen Artikel der Online-Plattform ,,Frag den Staat'' vom 18. November 2020 bezüglich der Frontex-Pushbacks:
Im März war die EU-Grenzpolizei Frontex in einen versuchten Verstoß gegen Menschenrechte verwickelt. Wie von uns veröffentlichte Akten zeigen, untersuchte Frontex den Vorfall aber nicht, sondern kehrte ihn unter den Teppich.
Als ARD, Spiegel und Bellingcat vor drei Wochen aufdeckten, dass die Europäische Grenzpolizei Frontex an illegalen Pushbacks an EU-Grenzen beteiligt ist, versprach der Frontex-Direktor Fabrice Leggeri schnell Aufklärung. Die EU-Agentur werde die Vorwürfe untersuchen, nach denen Frontex Geflüchtete völkerrechtswidrig aus der EU abgeschoben hatte.
„Jeder Vorwurf des Fehlverhaltens oder der Verletzung internationaler Verträge oder Grundrechte im Rahmen gemeinsamer Operationen, die von Frontex koordiniert werden, wird mit großer Besorgnis behandelt und sorgfältig untersucht.“ Frontex-Direktor Fabrice Leggeri (Übersetzung von FragDenStaat)
Ein interner E-Mail-Verlauf von Frontex, den wir per Informationsfreiheitsanfrage erhalten haben, zeigt jetzt jedoch, dass die EU-Agentur in vergleichbaren Fällen offenbar kein Interesse daran hat, Verstöße gegen Menschenrechte zu untersuchen. EU Observer hatte zunächst darüber berichtet.
Dänemark widersetzt sich Frontex-Befehlen
Bereits am 2. März diesen Jahres hatte Frontex in der Nähe der griechischen Insel Kos versucht, ein Boot mit 33 geflüchteten Menschen, die griechische Gewässer erreicht hatten, in die Türkei abzuschieben. Das griechische Kommando der Frontex-Mission Poseidon befahl einem Schiff der Dänischen Marine mit dem Namen „Stela Polaris“, die Geflüchteten nicht an Land zu bringen, sondern wieder in ein Gummiboot zu setzen und aufs offene Meer Richtung Türkei zu schleppen. Der dänische Befehlshaber des Schiffes widersetzte sich dem rechtswidrigen Befehl jedoch und erreichte durch seine dänischen Vorgesetzten, dass er aufgehoben wurde.
Frontex hatte den Vorgang bisher nie öffentlich zugegeben. Der dazugehörige E-Mail-Verkehr aus der Frontex-Zentrale in Warschau, den wir veröffentlichen, zeigt, dass Pushbacks die Entscheidungsträger um Direktor Fabrice Leggeri kaum interessierten. Erst aus der Presse erfuhr das Hauptquartier überhaupt davon, dass Frontex in einen versuchten Verstoß gegen die Menschenrechte verwickelt war.
Einen Bericht – intern Serious Incident Report genannt – gab es trotz der Schwere des Vorfalls nicht. Die Frontex-Pressesprecherin forderte deswegen in Erwartung von Presseanfragen am Morgen des 6. März, vier Tage nach dem Vorfall, bei ihren Kolleg:innen einen Bericht zu den Vorfällen an. Am Nachmittag wurde sie informiert, dass es in der Tat einen versuchten Pushback gegeben hatte.
Weiteres: Die Linken im EU-Parlament hatten eine öffentliche Sitzung zu ihrem „Black Book on Border Pushbacks". Das Video ist online verfügbar.