| Seenotrettung Zentrale Mittelmeer-Analyse, Juli - Dezember 2020
Analyse von Alarm Phone über die Situation im Zentralen Mittelmeer von Juli bis Dezember 2020:
Ein Kampf für jedes einzelne Boot!
Einleitung
In den vergangenen sechs Monaten, von Juli bis Dezember 2020, wurden wir im Zentralen Mittelmeer Zeug*innen einer Kontinuität des Rückzugs italienischer und maltesischer staatlicher Akteure aus ihren Rettungsverpflichtungen, der administrativen Festsetzung der zivilen Flotte und der Untätigkeit der sogenannten libyschen Küstenwache in Situationen, in denen sich Menschen vor den libyschen Küsten in extremer Seenot befanden. Die Kombination dieser Elemente hat unweigerlich zu einer wachsenden Rettungslücke, mehr Leid und vielen Schiffbrüchen auf See geführt.
Trotz der Versuche, Menschen auf See sterben zu lassen, hat die entstandene Rettungslücke die Menschen nicht davon abgehalten, vor den schlimmen Lebensbedingungen und der willkürlichen Inhaftierung zu fliehen, denen sie in Libyen routinemäßig ausgesetzt sind, ebenso wenig wie diejenigen, die vor der sich verschärfenden Wirtschaftskrise in Tunesien fliehen. Viele Menschen haben diese gefährliche Reise tatsächlich gewagt und sind selbstständig nach Italien und Malta gelangt. Allein am 1. und 2. November kamen insgesamt 13 Boote in Lampedusa an. Darüber hinaus hat unser Netzwerk eine zunehmende Zahl an Berichten über Boote bekommen, die von Algerien aus in Richtung Sardinien aufgebrochen sind. Wir sind nach wie vor erstaunt über den anhaltenden Kampf der Migrant*innen für Bewegungsfreiheit und Menschenwürde. Diese autonomen Ankünfte sind das Zeichen dafür, dass das EU-Grenzregime trotz seiner Todesdrohungen niemals in der Lage sein wird, die Lebenskraft von Menschen, die ihr Leben verbessern und der Unterdrückung entkommen wollen, vollständig einzudämmen.