| Seenotrettung Neapels Bürgermeister über Flüchtlinge - „Selbst Erfahrung mit Leid und Not“
Interview der taz mit dem Bürgermeister von Neapel vom 7. Januar 2019:
Neapel kommt dem Rettungsschiff „Sea-Watch“ mit einem Appell entgegen. Der städtische Bürgermeister Luigi de Magistris über Italiens Innenpolitik und Solidarität.
taz: Herr de Magistris, Sie haben dem auf dem Mittelmeer blockierten NGO-Schiff „Sea-Watch“ angeboten, mit seinen Flüchtlingen an Bord den Hafen von Neapel anzulaufen. Der rechte Innenminister Matteo Salvini kritisiert Sie scharf. Aber wie hat die Stadt reagiert?
Luigi de Magistris: Sehr positiv. Neapel hat eine fest verankerte Tradition der Solidarität. Als im Sommer 2017 ein Schiff mit über 1.000 Migranten an Bord in unseren Hafen einlief, musste die Kommune nach kurzer Zeit ein Kommuniqué veröffentlichen, um die Menschen aufzufordern, nicht mit weiteren Nahrungsmitteln, Medikamenten oder Kleidung zum Hafen zu kommen. Die Menschen hier haben selbst Erfahrung mit Leid und Not. Außerdem ist Neapel eine Stadt der Migranten, hier haben die verschiedensten Völker Spuren hinterlassen. Aber ich möchte noch auf einen anderen wichtigen Punkt hinweisen. Wenn Salvini von „geschlossenen Häfen“ spricht, gibt er eine rein politische Erklärung an, die jedoch juristisch keinerlei Wert hat. Der Hafen von Neapel ist offen, denn es gibt keinerlei bindende Regierungsverordnung, die seine Schließung verfügt hätte. Eben deshalb wünschen wir so sehr, dass die „Sea-Watch“ Neapel anläuft, denn alle juristischen wie humanitären Voraussetzungen dafür sind gegeben. Dieses Bild von Menschen, die seit nunmehr 15 Tagen den Unbilden auf hoher See ausgesetzt sind, ist für uns völlig unakzeptabel.