| Aktuell, EU-Flüchtlingspolitik, Flüchtlingsabwehr an den EU-Außengrenzen Straßburg: Menschenrechtsgerichtshof verurteilt Griechenland in allen zentralen Anklagepunkten zum tödlichen Bootsunglück vor Farmakonisi im Jahr 2014

Presseerklärung von Pro Asyl, 07. Juli 2022

Ein bahnbrechendes Urteil und späte Gerechtigkeit für die Überlebenden und Angehörigen der elf Toten.

Drei Frauen und acht Kinder aus Afghanistan starben bei einer Pushback-Operation der griechischen Küstenwache im Januar 2014. Bis heute mussten die 16 Überlebenden und die Angehörigen warten, dass jemand für den Tod ihrer Lieben zur Verantwortung gezogen wurde.
Heute entschied in einem soeben veröffentlichten einstimmigen Urteil der Ersten Kammer des Gerichtshofs: Griechenland wird wegen einer Verletzung des Rechts auf Leben (Artikel 2 EMRK) und wegen unmenschlicher und erniedrigender Behandlung (Artikel 3 EMRK) verurteilt und dazu verpflichtet, 250.000€ Entschädigung an die Hinterbliebenen zu zahlen.

Karl Kopp, Leiter der Europaabteilung von PRO ASYL, stellt fest: "Das ist ein bahnbrechendes Urteil und eine späte Gerechtigkeit für die Überlebenden und Angehörigen. Über acht Jahre hat es gedauert, dass Griechenland zur Verantwortung gezogen wird. Wir danken unserer Anwältin Marianna Tzeferakou und dem ganzen griechischen Anwält*innen-Team, dass sie die Überlebenden von Farmakonisi mit einem immensen Einsatz und Sachverstand vertreten haben, um diese späte Verurteilung zu erwirken."

Heute ist bestätigt worden:

Bei dem Vorfall wurden alle internationalen Standards der Seenotrettung missachtet und es gab keine Rettungsaktion. Die Flüchtlinge wurden weder an Bord des Schiffs der Küstenwache geholt noch wurden Rettungswesten ausgeteilt. Das Flüchtlingsboot war mindestens 15 Minuten im Schlepptau der griechischen Küstenwache, zwei Küstenwachbeamte hatten es sogar betreten, um das Schlepptau zu befestigen. Es war also unter voller Kontrolle der griechischen Beamten, bevor es sank. Siehe auch die Analyse von PRO ASYL zum Hergang der tödlichen Operation im Januar 2014.

Bei ihrer Ankunft auf der Insel Farmakonisi konnten sich die Überlebenden nicht frei bewegen, so der Menschenrechtsgerichtshof in seinem Urteil bezüglich der Verletzung von Artikel 3 EMRK. Die Schutzsuchenden wurden einer Leibesvisitation unterzogen und mussten sich vor mindestens dreizehn Personen ausziehen. Die Betroffenen befanden sich in einer extrem verletzlichen Situation: Sie hatten gerade einen Schiffbruch überlebt und einige von ihnen hatten ihre Angehörigen verloren. Sie befanden sich zweifellos in einer extremen Stresssituation und hatten bereits Gefühle von Schmerz und intensiver Trauer.

Rolle von PRO ASYL und seinen griechischen Partnern

PRO ASYL hat von Anfang an die Überlebenden von Farmakonisi durch rechtlichen und humanitären Beistand begleitet – in Kooperation mit den Organisationen Greek Council for Refugees, the Lawyers' Group for the Rights of Refugees and Immigrants, the Greek Union of Human Rights und dem Network of Social Support of Refugees and Immigrants.
Die Überlebenden legten gegen die griechischen Behörden mit Unterstützung von PRO ASYL am 20. Januar 2015 Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein.

Seit Jahren dokumentieren PRO ASYL und ihre griechischen Partner*innen rechtswidrige Pushbacks der griechischen Grenzbehörde.

Das mittlerweile auch auf deutsch übersetzte Urteil ist hier einsehbar.

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Ehrenamtspreis des Flüchtlingsrates NRW

Mit dem Ehrenamtspreis möchte der Flüchtlingsrat NRW das ehrenamtliche Engagement von in der Flüchtlingshilfe aktiven Initiativen und Einzelpersonen in NRW ehren und diese in ihrer Arbeit stärken.

Weitere Informationen zum Ehrenamtspreis finden Sie hier.

Nein zur Bezahlkarte: Ratsbeschlüsse aus nordrhein-westfälischen Kommunen

In dieser regelmäßig aktualisierten Übersicht dokumentiert der Flüchtlingsrat NRW, welche Kommunen sich bisher gegen die Einführung einer Bezahlkarte für Schutzsuchende entschieden haben.

Die Übersicht finden Sie hier.

Keine Propaganda auf Kosten von Flüchtlingen! Argumentationshilfen gegen Vorurteile

Der Flüchtlingsrat NRW e.V. stellt einen Flyer sowie eine ausführliche Argumentationshilfe zur Entkräftung von Vorurteilen (Stand: November 2023) bereit.

Den Flyer und die Argumentationshilfe finden Sie hier.

Broschüre zum Engagement für Flüchtlinge in Landesunterkünften

Der Flüchtlingsrat NRW hat die Broschüre „Ehrenamtlich engagiert – für Schutzsuchende in und um Aufnahmeeinrichtungen des Landes NRW“ aktualisiert (Stand Dezember 2021).

Die Broschüre können Sie hier herunterladen.

Kooperations- und Fördermöglichkeiten für flüchtlingspolitische Veranstaltungen und Projekte

Broschüre des FR NRW, Stand November 2023, zu verschiedenen Institutionen, die fortlaufend für eine finanzielle Unterstützung von Projekten und Veranstaltungen zu flüchtlingspolitischen Themen angefragt werden können.

Mehr dazu

Forum Landesunterbringung

Neues Webforum "Flüchtlinge in Landesaufnahmeeinrichtungen in NRW (WFL.NRW)" jetzt online!
Das Webforum möchte einen Einblick in die Situation von Flüchtlingen in Landesaufnahmeeinrichtungen ermöglichen.

Das Webforum finden Sie hier.

 

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