| Asylverfahren Studie: Das Smartphone bitte! Digitalisierung von Migrationskontrolle
Die Studie der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) aus dem Jahr 2019 analysiert die Auslesung
von Handydaten Asylsuchender durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
Im Juni 2021 klagte die GFF erfolgreich gegen die Auslesung von Handydaten einer Afghanin.
Das Verwaltungsgericht Berlin gab der Klage statt.
Auszug aus der Einleitung
Seit dem Jahr 2017 liest auch die zentrale deutsche Migrationsbehörde, das Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge (BAMF) zur Herkunfts- und Identitätsbestimmung routinemäßig Da-
ten von elektronischen Geräten aus und analysiert sie. Das tut es, wenn ein Asylsuchender kei-
nen gültigen Pass oder kein Passersatzdokument vorlegen kann – ohne konkreten Verdacht,
dass die von den Registrierten gemachten Herkunftsangaben nicht der Wahrheit entsprechen
könnten.
Das kann eine Vielzahl Geflüchteter betreffen: Im Jahr 2018 konnten 54,2 Prozent,1 im ersten
Quartal 2019 sogar 55,4 Prozent der Erstantragsteller*innen keinen gültigen Pass, Passersatz
oder Personalausweis vorlegen.2 Warum Geflüchtete keine Identitätsdokumente vorweisen
können, kann dabei viele Gründe haben: Manche verlieren ihren Pass während der Flucht oder
Schleuser*innen konfiszieren ihre Papiere. Manche kommen aus Ländern, in denen es nicht üb-
lich ist, überhaupt einen Pass zu besitzen. Oder stammen aus Regionen, bei denen die Echtheit
eines Ausweisdokuments kaum bestimmt werden kann und die deshalb vom BAMF nicht aner-
kannt werden.
Diese Datenträgerauslesung betrifft vor allem Smartphones. Werden Geflüchtete aufgefordert,
ihre Handys herauszugeben, dann sind sie rechtlich verpflichtet, dem Folge zu leisten. Genutzt
werden dürfen die Daten anschließend rechtlich nur, um gemachte Angaben zu Namen oder
Herkunftsland zu plausibilisieren. Das Ergebnis der Prüfung hat keinen Beweiswert im Asylver-
fahren, sondern lediglich Indizwirkung.
(...) Die Praxis des Bundesamts verletzt nach Einschätzung der GFF damit das Grundrecht auf Inte-
grität und Vertraulichkeit von informationstechnischen Systemen und das Recht auf informatio-
nelle Selbstbestimmung. Das migrationspolitische Ziel der gesetzlichen Regelung, die unbe-
rechtigte Gewährung von Asylanträgen zu verhindern und abgelehnte Asylsuchende schneller
abschieben zu können, rechtfertigt einen anlasslosen, flächendeckenden und derart intensiven
Grundrechtseingriff nicht.